Die Seebrücke in Sellin ist eines der beliebtesten Fotomotive auf Rügen. Sie wurde bereits unzählige Male abgelichtet – aus allen Blickwinkeln und zu jeder Tages- und Jahreszeit. Braucht die Welt wirklich noch ein weiteres Foto davon? Genau diese Frage habe ich mir im Sommerurlaub gestellt und beschlossen, es zum Sonnenaufgang herauszufinden.
Früh aufstehen ist ein Muss
Der Wecker klingelt um 03:55 Uhr. Im Halbschlaf schiebe ich sanft den Vorhang zur Seite und schaue in den Himmel: »Lohnt sich das?«
Der Himmel ist bedeckt – ob die Sonne es schaffen wird, sich durchzukämpfen? Wahrscheinlich nicht. Trotzdem mache ich mich auf den Weg. Sonst könnte ich diesen Blogbeitrag ja nicht schreiben. Ein selbst gewählter Teufelskreis. 😄
Die Anreise zur Selliner Seebrücke
Unsere Ferienwohnung liegt in Göhren, also nur einen Gürteltier Katzensprung von Sellin entfernt. Um 04:02 Uhr schleiche ich mich aus dem Haus, der Fotorucksack steht bereits griffbereit an der Tür. Das Mikroabenteuer beginnt mit einer zehnminütigen Fahrt Richtung Sellin – pünktlich zum Sonnenaufgang.
Während ich entlang der B196 fahre, werfe ich einen Blick auf den Himmel. Am Horizont ist ein schmales wolkenfreies Band zu sehen. Darüber tummeln sich dicke Wolken. Das könnte spannend werden! Hoffnungsvoll biege ich in die Wilhelmstraße ein und fahre direkt auf die Selliner Seebrücke zu.
Ein bequemer Spot mit Parkvorteil
Die Selliner Seebrücke ist erstaunlich einfach zu erreichen. Mit dem Auto kann man quasi bis vor die Haustür fahren. Zum Sonnenaufgang gibt es hier keine Parkplatzsorgen – niemand interessiert sich um 04:15 Uhr für (fehlende) Parktickets. Hoffe ich.
Ungestört an der Selliner Seebrücke fotografieren?
Mit einer zeitlichen Punktlandung schließe ich die Fahrertür. Die Euphorie steigt: der Himmel sieht fantastisch aus. Ich teile meine Begeisterung per Whatsapp. Als Antwort kommt: »Wie viele wart ihr?«
Naiv von mir zu glauben, ich wäre allein vor Ort. Aber ja, ich dachte es für einen Moment wirklich. Dann die Ernüchterung: Zwei Fotografen stehen bereits am Hauptzugang. Über ihnen schwirrt eine Drohne. Nachdem ich noch zwei weitere Touristen am Geländer entdecke, ergreife ich die Flucht.
Die richtige Perspektive finden
Linkerhand flitze ich die Treppen hinauf. Oben angekommen, erwartet mich ein kleiner Park mit viel Grün – perfekt für eine alternative Sicht auf die Seebrücke.
Doch während ich mein Stativ aufbaue, frage ich mich, ob es nicht bessere Blickwinkel gibt. Es ist sehr windig, was es schwierig macht, die Pflanzen im Vordergrund scharf zu halten. Und während mir gleichzeitig noch auffällt, dass das Fahrstuhlgebäude rechts einen viel zu dominanten Teil des Bildes füllt, geht plötzlich die Sonne auf.
Hektisch zoome ich auf 50 mm, um den Fahrstuhl zu eliminieren.
Aber irgendwie fehlt mir nun doch der Vordergrund. Also alles auf Anfang. Jetzt, wo es heller wird, kann ich kürzere Belichtungszeiten nutzen und wage einen neuen Versuch mit Pflanzen im Vordergrund.
Schließlich laufe ich noch hinunter zum Strand, um die Seebrücke aus einem anderen Winkel aufzunehmen.
Aus dieser Perspektive sieht man sogar die Tauchgondel, die man aber baugleich auch in vielen anderen Seebädern an der Ostsee fotografieren kann.
Kein perfektes Foto – also wiederkommen?
Trotz der großartigen Lichtstimmung gelingt mir kein „perfektes“ Bild. Vielleicht muss ich einfach abends wiederkommen und die Blaue Stunde nutzen? Denn einen Sonnenuntergang über der Ostsee gibt es auf Rügen leider nicht.
Blaue Stunde an der Seebrücke Sellin
Zur Blauen Stunde (nach Sonnenuntergang) erstrahlt die Seebrücke im romantischen Licht – ein beliebtes Motiv, aber auch ein Touristenmagnet. Der klassische Blick von oben ist daher oft überfüllt. Trotzdem mache ich schnell das Standardfoto von der Treppe aus.
Zuletzt stand ich hier im Jahr 2016. Damals hatte ich nur mein 14mm Ultraweitwinkelobjektiv dabei. Auch schön, aber vom Titel her eher: »Die Treppenstufen an der Selliner Seebrücke«?
Die Kamera stelle ich auf einem Strandkorb ab und versuche, dessen Struktur als Vordergrund zu nutzen.
Die Linien des Strandkorbs erinnern mich an die Bewegungen der Wellen. Passend zum unruhigen Himmel entsteht so ein interessantes Foto.
Fazit: Die Seebrücke ist eine Fotoreise wert
Lohnt sich der frühe Aufbruch zur Seebrücke Sellin? Ja, definitiv! Auch wenn ich an diesem Morgen nicht das perfekte Foto geschossen habe, bietet die Seebrücke immer wieder neue Möglichkeiten, mit Licht, Perspektiven und Stimmungen zu spielen. Und vielleicht ist dieser Beitrag eine Inspiration für deinen nächsten Fototrip auf Rügen. Hast du die Seebrücke in Sellin schon fotografiert?
4 Kommentare
Hi Thomas, die Seebrücke habe ich vor ein paar Jahren auch im Oktober aufs Korn genommen, und auch damals war ich nicht allein und nicht der Erste am Set.
Schön sie bei Dir mal wieder zu sehen und auch ein bisschen anders im Winkel!
Liebe Grüße!
Hi Udo,
vermutlich gibt es keinen Mensch, der die Seeliner Seebrücke je allein gesehen hat :-p
Wirklich schön. Wir – in Deutschland – haben schon wirklich schöne Ecken. Deine Aufnahmen setzen die Motive schön in Szene.
Notiz an mich selbst: Manchmal lohnt es sich vielleicht, unsere schönen Ecken durch die Brille eines Touristen / Reisenden von einem anderen Kontinenten zu sehen. Und ruckzuck wirkt die Seebrücke auf einmal exotisch. Wunderbar!
Ein wirklich interessanter Denkanstoß. Das Gute liegt oft so nah; wird aber als für zu gewöhnlich hingenommen.