Die Klusberge im Harz sind einer der schönsten Fotospots zum Sonnenuntergang. Sie sehen aus wie in der Sächsische Schweiz, sind aber in Sachsen Anhalt, wo offensichtlich kein Sachse anhält? Oder sie verfahren sich heftig, weil sie bei Google Maps »Klusfelsen« eintippen und plötzlich bei Goslar landen. Auch hier sind es die Sachsen, aber die Niederen. Alles nicht so leicht. Deshalb lade ich dich heute ein, mir zu den echten! Klusfelsen im Harz zu folgen. Wir tauschen die Lockdown-Leggings gegen die Outdoor-Hose. Bist du bereit?
»Da-dammmm«, das Netflix-Logo ertönt. Es ist Samstag, 18:15 Uhr. Die Kinder sitzen im Wohnzimmer und starten unverhofft einen Kinoabend. Ich wittere meine Chance. »Braucht mich hier noch jemand?«, frage ich euphorisch. Stille […] Ein kurzer Blick zu meiner Frau: »Mach dich los«. Gesagt getan.
Anfahrt zu den Klusbergen im Harz
Zum Glück ist der Fotorucksack bereits gepackt. Zwei Minuten später verschwindet er im Helmfach meines Rollers, mit dem ich seit einem Jahr regelmäßig auf Fototour bin.
Doch die Erkenntnis ist stets die gleiche: Der Harz ist zwar nah, aber dennoch zu weit um wirklich nah zu sein. Die Klusberge liegen bei Halberstadt. Von mir aus sind das 108 km. Und die Zeit drängt. In zwei Stunden geht die Sonne unter. Doch kein Grund zur Eile, der Blogbeitrag beginnt erst in der nächsten Zeile.
Klarer Vorteil auf zwei Rädern: Ich fahre bis ans Ende der Straße »Vor der Klus« bei Halberstadt, faktisch parallel zum Fünffingerfelsen und stelle den Roller dort ab. Zum heutigen Fotospot, dem Klusfelsen, sind es nur fünf Minuten.
Wer mit dem Auto anreist muss 15 min mehr Zeit einplanen und auf dem kleinen Parkplatz (Adresse: Vor der Klus 1, 38820 Halberstadt) parken. Er liegt ca. 1 km vom Klusfelsen entfernt. Heute wäre das zu knapp geworden. Die Sonne geht in wenigen Minuten unter. Der Sandstein glüht bereits im tiefen Licht.
Auf den Klusfelsen klettern
Als frontales Motiv ist mir der Klusfelsen aber zu langweilig. Mein Ziel ist es, den gegenüberliegenden Fünffingerfelsen zu fotografieren, über dem die Sonne untergeht. Und das bedeutet, wir müssen auf den Felsen klettern. Also hoch mit uns.
Die Sandsteine bieten guten Halt, sind aber teilweise recht schmal geschnitten. Ein wenig Kletterabenteuer gehört dazu.
Es geht tief hinein, in die bizarren Felsformationen.
Wir wollen hoch hinaus. Ganz nach oben! Wir steigen bis aufs Dach. Den Rucksack abzusetzen ist keine Option, deshalb hier nur ein Handy-Schnappschuss.
Oben angekommen stelle ich fest: Ich bin nicht allein. Schon bei meinem letzten Besuch, zum Sonnenaufgang im Herbst, saßen hier Sonnenanbeter:innen auf dem Fels. Damals war ich genervt, habe die Kamera im Rucksack gelassen und die grandiose Nebelstimmung mit der Drohne am Fünffingerfelsen gegenüber eingefangen (siehe Blogbeitrag).
Die Klusberge zum Sonnenuntergang
Heute stört es mich nicht, dass Personen im Bild sind. So werden die Größenverhältnisse für den Betrachter anschaulicher. Und der Sonnenuntergang in den Klusbergen scheint vielversprechend zu sein!
Aber vielleicht kennst du das: Bis zum letzten Moment hadert man mit sich selbst: Ist der Standpunkt wirklich der richtige? Geht es noch besser? Stativ nach links. Stativ nach rechts. Ein wenig höher. Oder doch bodennah? So geht es mir immer.
Am Ende verlasse ich den »Gipfel« und klettere eine Ebene tiefer. Ich stehe am Ende vom Klusfelsen. Die Sonne liegt mittlerweile direkt über dem Fünffingerfelsen. Für den Sonnenstern sorgt die geschlossene Blende meines 20mm-Objektivs.
Und während ich überlege, ob ich mich ins Bild stellen soll, um künstlich genussvoll den Sonnenuntergang anzubeten, wird mir die Entscheidung abgenommen. Eine Frau taucht hinter mir auf. »Störe ich?«, fragt sie mich. »Nein, absolut nicht«, antworte ich freundlich. Dann setzt sie sich genau vor mir ins Bild.
Und dann kommen mir Zweifel. Was ist, wenn ich das Foto später auf meinem Blog posten möchte. Darf ich das? Okay. Jetzt ist es zu spät diese Frage zu stellen. Ich wähle daher den sicheren Weg, erhöhe die Brennweite auf 70 mm und versuche mich an einer Silhouette. (Wie immer musste ich auch dieses Mal googeln, wie man »Si-lu-ette« fehlerfrei schreibt.) Meine Deutschlehrerin hätte gesagt: »Er war stets bemüht.« Gleiches gilt fürs Foto.
In der Zwischenzeit ist die Sonne hinter dem Horizont verschwunden. Das erhofft explosive Farbenspiel am Himmel ist leider ausgeblieben. Es ist wieder einer dieser Tage, wo der Sonnenuntergang extrem hoffnungsvoll beginnt, am Ende aber das gewisse Etwas fehlt.
Blaue Stunde am Klusfelsen
Meine Hoffnung gilt nun der Blauen Stunde, die sich in wenigen Minuten anschließt. Ich drehe mich um. Es ist Vollmond. Jedoch steht er noch zu hoch am Himmel. Zeit zu warten habe ich nicht. Bei uns gilt ab 22 Uhr die Corona-Ausgangssperre. Und 1,5 Stunden Rückfahrt liegen noch vor mir. Deshalb poste ich noch einen letzten Schnappschuss für den heutigen Blogbeitrag und kehre zu einem späteren Zeitpunkt zurück.
Fazit
Die Klusberge sind ein dankbarer Fotospot, nicht nur zum Sonnenuntergang. Selbst am Tag kann man hier tolle Aufnahmen machen, die sich bei Instagram wachsender Beliebtheit erfreuen. Vom Geheimtipp zum Allgemeintipp? Noch nicht. In den Klusbergen hat man meist seine Ruhe. Selbst am Wochenende muss man hier keine Stativ-Kriege mit anderen Fotografen führen. Also schau dir den Spot gern mal persönlich an. Es lohnt sich!
2 Kommentare
Moin Thomas,
ich stehe auf den Klusfelsen und lese (nochmal) deinen Beitrag zum Klusfelsen. „Wie zur Hölle ist der da hoch gekommen?“ Ich finde die Stelle deines Einstiegs, gucke auf meine Plauze und stelle fest; Ist der Fels zu schmal, bist du zu breit. 🙂
Harzige Grüße
Ben
Der Weg ist das Ziel, der Bauch ist zu viel?