Die Milchstraße fotografieren, davon träumen Katrin und Corina schon lange. »Machen wir bald!«, waren meine Worte beim Harz-Workshop im letzten Jahr. Heute ist »bald« und die Wetterprognose – klare Nacht vs. leicht bewölkt – sitzt mir wie ein Floh im Ohr. Und er hüpft, wie meine Tochter auf dem Ehebett, die hoffentlich bald schläft. Ich will die Tour in den Harz planen.
Es ist Samstagabend, 22 Uhr und ich frage mich, wen ich morgen noch mitnehmen könnte. Hastig tippe ich auf dem Smartphone.
Kommt ihr in 3 Stunden mit zur Rappbodetalsperre? Es ist klare Nacht: ideal zum Milchstraße Fotografieren
Der Köder ist ausgeworfen: und die Fische Fotografen beißen gierig an.
»Ach echt? Klingt geil. Bock hab ich schon«, schreibt mir Alex. Mit ihm war ich vor zwei Wochen im Harz. »Sven wäre mit dabei, wenn wir ihn abholen«, ergänzt er.
Anja ist auch am Grübeln: »Ich bin schon so müde und möcht ja morgen zu Anke … wees nicht … es lockt schon«. Eine Stunde später schreibt sie: »und nun? Jetzt haste mich aufgeregt«. Sie ist dabei. Wir sind komplett. 12 Augen fahren morgen in den Harz. Aber zuvor muss eine knifflige Aufgabe gelöst werden.
Morgen ist Sommerzeitumstellung: Wie stellt man den Wecker?
Heute Nacht ist die lästige Zeitumstellung. Die Uhr wird doch jedes Jahr in die falsche Richtung gedreht; findest du nicht auch? Im Sommer, wo man sowieso zu unchristlichen Zeiten für den Sonnenaufgang aufstehen muss, muss man jetzt noch eine Stunde eher aus dem Bett (04:12 Uhr am Oderteich!?). Und im Winter, wo ich schon 16 Uhr das Bürolicht einschalten muss, wird es dank Zeitumstellung noch eine Stunde früher dunkel. Ein Quatsch! Andersrum wäre besser. Aber ich schweife ab.
Es gilt die 1-Millionen-Euro-Frage zu klären: Die Milchstraße steht 4 Uhr (Sommerzeit) ideal an der Rappbodetalsperre, das hat mir PhotoPills verraten. Die Fahrtzeit ist 01:15 h und ich brauche maximal 10 Minuten zwischen »Wecker ausschalten« und »Motor vom Auto starten«. Also Wecker auf 02:30 Uhr stellen!?
Doch jetzt wird es kompliziert. Alex ist sich unsicher: »Auf was stelle ich denn nun den Wecker?« Es ist ja aktuell noch Winterzeit. Ich verstehe das Problem nicht??? Dann schreibt mir Katrin auch noch, dass mein Wecker falsch gestellt ist. Das Grübeln beginnt. Ich starte eine Umfrage per Instagram-Story: der modernen Form vom Publikumsjoker bei »Wer wird Millionär«.
Ob Günther Jauch mit mir in den Harz fahren würde? Egal. Die Weckerrei (gibt es das Wort überhaupt?) hat funktioniert. Und langsam dürfte sich die Frage stellen, was überhaupt der Inhalt des heutigen Blogbeitrags sein soll? Will ich wieder einen abschweifenden Reisebericht zum Besten geben? Nö! Heute geht es um Misserfolge und gleichzeitig möchte ich dir Mut machen.
Landschaftsfotografie ist eine Kette von Enttäuschungen
Du kennst das sicher: Du hast große Pläne, die passende Ausrüstung, bist hoch motiviert: aber es klappt einfach gar nichts. Das Wetter macht dir immer einen Strich durch die Rechnung – und der Strich ist leider nicht die Milchstraße. Die Rechnung zahlst du dennoch: an der Tankstelle, mit Schlafmangel und reichlich Unmut. Kenn ich alles. Geht mir seit Monaten so. Der Harz möchte einfach nicht von mir fotografiert werden: dieser elende Schlingel!
Und die Anderen? Ich sehe sie alle auf Instagram! Die Anderen haben immer Glück mit dem Wetter. Die Anderen sind zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Ihre Bilder sehen besser aus als meine (was ich natürlich niemals zugeben würde). Und ja, es regt mich alles wahnsinnig auf! Genau wie heute Nacht im Harz.
Die Milchstraße? an der Rappbodetalsperre
Wir kommen pünktlich mit 30 Minuten Verspätung an der Rappbodetalsperre an. Die Milchstraße liegt perfekt über der Bode, aber man sieht sie nicht. Es ist diesig. Es ist hoffnungslos. Noch dazu ist die Hängebrücke heute nicht beleuchtet. 12 Augen starren sprachlos ins Leere. Könnten Augen sprechen, würden sie fluchen, so wie ich. Für Katrin und Corina tut es mir sehr leid. Heute habe ich leider kein Foto für sie. Wir fahren zum Parkplatz gegenüber, um in die andere Richtung zu fotografieren. Aber es ist wie wenn man einen angebrannten Eierkuchen in der Pfanne wendet. Er schmeckt dann auch nicht besser. Wir wechseln den Standort. Die Hoffnung war, dass der Dunst an der Talsperre von der Bode kam.
Das Hamburger Wappen: hier könnte es klappen
Am Hamburger Wappen bei Timmenrode war ich schon so oft. Mehr als in Hamburg selbst. Aber auch hier war nichts von der Milky Way zu sehen, zu essen hatte ich auch keine dabei. Dafür fuchteln Alex und Anja mit abgebrochenen Plexiglas-Scheiben und Taschenlampen umher: Lightpainting. Katrin und Corina erkennen die ausweglose Situation und entscheiden sich für den Heimweg. Wir Hallenser ringen uns noch zum Sonnenaufgang an der Teufelsmauer durch.
Sonnenaufgang an der Teufelsmauer
Die Teufelsmauer ist ein Klassiker. Bei Weddersleben ist sie besonders imposant. Hier habe ich letztes Jahr die Milchstraße fotografiert. Heute sitzen wir 6 Uhr im Auto und schauen auf den diesigen Himmel. Es sind noch 45 Minuten bis Sonnenaufgang.
Vor uns parkt ein zugefrorener Ford Fiesta. Es ist kalt. Anja möchte so spät wie möglich aussteigen. Das Morgenrot erwacht und im Auto vor uns bewegt sich etwas. Fotografen? Wer weiß. Auf jeden Fall wollen wir vor Ihnen an der Teufelsmauer sein. Wir starten. Das Rot wird immer dominanter. Leichter Nebel. Plötzlich ideales Fotografenwetter. Anja macht ein sehr schönes Foto, was ich unbedingt zeigen möchte!
Alex flitzt mit seiner leichten Sony-Ausrüstung davon, wir sind wieder zu spät gestartet. Der gewohnte Stress bei der Landschaftsfotografie. Man hetzt ständig der Sonne nach. Ich habe keine Lust zum Fotografieren und fliege lieber eine Runde mit der Mavic Air.
Auf dem Feld entdecke ich einen Fuchs. Ich fliege näher ran, dann verfolge ich ihn – im Sportmodus. Der junge Fuchs schaut sichtlich irritiert in den Himmel und gibt auf. Was ist das nur für eine laut klingende Biene am Himmel?
Ich kreise noch ein wenig über die Teufelsmauer und krame dann die schwere Nikon aus dem Rucksack hervor. Die Sonne ist bereits aufgegangen und ich gehe meinem Hobby nach: Ich fotografiere Fotografen beim Fotografieren.
Dann entschließen wir uns zum Heimweg. Auf mich wartet die Familie, auf die anderen das Bett.
Fazit
Es läuft nicht immer rund. Landschaftsfotografie ist maßgeblich vom Wetter getrieben, was eben nicht beeinflusst werden kann. Man hat nur die Wahl: fahren oder nicht fahren. Wir sind gefahren, es macht Spaß in der Gruppe zu fotografieren aber mein Buchprojekt über den Harz hat ein verdammt schlechtes Los. Es geht einfach nicht los 🙁
Aber der Frühling kommt: und damit hoffentlich wieder bessere Tage.
In diesem Sinne: danke fürs Lesen des eher sinnfreien Beitrags. Aber wenn ich schon nicht auf den Auslöser der Kamera drücke, dann wenigstens genüsslich in die Tasten.
Übrigens: Im Dezember ist noch Herbst. Denkt mal drüber nach!
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