Motorräder der Klasse A1 mit bis zu 125 cm3 dürfen ab sofort auch mit dem Autoführerschein gefahren werden. Der Bundesrat hat dieser Gesetzesänderung mit ein paar Auflagen am 20.12.2019 zugestimmt. Damit eröffnen sich neue Formen der Mobilität, die (nicht nur) für Fotografen interessant sein können.
A1-Motorräder mit dem Autoführerschein fahren
Die rechtliche Grundlage
Seit den 90er-Jahren dürfen Personen, die ihren PKW-Führerschein vor dem 01.04.1980 erworben haben, auch Motorräder der Klasse A1 (bis 125 cm3) fahren. Ungerecht für alle, die ihren »Lappen« erst nach dieser Zeit gemacht habe.
Doch im Jahr 2006 wurde diese Regelung durch die EU aufgeweicht. Artikel 6, Absatz 3b der Richtlinie 2006/126/EG besagt, dass alle EU-Staaten die Möglichkeit haben, das Fahren von Motorrädern der Klasse A1 mit dem PKW-Führerschein (Klasse B) ohne besondere Voraussetzungen zu erlauben.
Im überwiegenden Teil Europas gilt dieses „A1-in-B“-Prinzip bereits seit Jahren. Zum Beispiel in Österreich, Tschechien, Italien, Frankreich, Portugal […] In Deutschland natürlich nicht. Typisch.
Doch jetzt kommt Bewegung ins Spiel!
Neue Regelung in Deutschland: Die Schlüsselzahl B 196
Im Juni 2019 wurde in den Medien bekannt, dass Verkehrsminister Andreas Scheuer die Richtlinie des europäischen Parlaments in nationales Recht umwandeln möchte. Sprich: auch in Deutschland soll gleiches Recht für alle gelten und das Fahren von »A1-Mopeds« mit dem Autoführerschein möglich werden. Es hagelte reichlich Kritik an diesem Vorschlag – aber auch enormer Zuspruch.
Letztlich gab es am 23.12.2019 einen Beschluss vom Bundesrat, der den Vorschlag abgesegnet hat. Die rechtliche Grundlage bildet die 14. Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung, die am 30.12.2019 mit der offiziellen Bekanntgabe im Bundesgesetzblatt wirksam geworden ist.
Demnach können sich Autofahrer die neue Schlüsselzahl B 196 in den Führerschein eintragen lassen und „Krafträder (auch mit Beiwagen) mit einem Hubraum von bis zu 125 cm3, einer Motorleistung von nicht mehr als 11 kW, bei denen das Verhältnis der Leistung zum Gewicht 0,1 kW/kg nicht übersteigt“ fahren.
Die Krux an der Sache: Es müssen ein paar Voraussetzungen erfüllt werden.
Voraussetzungen zum Fahren von A1-Motorrädern mit dem Autoführerschein
Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) hat die Voraussetzungen für den Erwerb der Schlüsselzahl B 196 in einer Grafik schön zusammengefasst:
Jetzt wo ich die Abbildung sehe, muss ich kurz abschweifen:
Hast du als Kind auch gern mit Autokarten gespielt?
Hast du die Hubraum-Angaben (ccm) auch immer als »c c Mücken« ausgesprochen?
Herrlich. Ich muss laut lachen, wenn ich daran denke. Sorry, falls du diese Freude möglicherweise nicht teilen kannst.
Zurück zu den Voraussetzungen: Knackpunkt sind leider die 13,5 Zeitstunden, die man in einer Fahrschule ableisten muss. Konkret sind das:
4x 90min theoretische Schulung
5x 90min praktische Schulung
Nach der Teilnahme an diesen Schulungsstunden stellt die Fahrschule eine Bescheinigung aus, mit der man sich bei der Führerscheinstelle die neue Schlüsselzahl B 196 eintragen lassen kann. Eine Fahrschulprüfung ist nicht erforderlich, weder Theorie noch Praxis.
Die Schlüsselzahl B 196 gilt jedoch nur in Deutschland. Es wird sich zeigen, ob sie auch von den anderen EU-Mitgliedstaaten akzeptiert wird, in denen diese Regelungen bereits etabliert sind.
Was kostet der Erwerb der Schlüsselzahl B 196?
Die Preise für die 13,5 Zeitstunden bestimmen die Fahrschulen. Sie variieren je nach Ort. Vermutlich wird sich der Straßenpreis irgendwo bei 500 EUR einpendeln. Hinzu kommen die Kosten für den Sehtest (rund 10 EUR), die Neuausstellung des Führerscheins (27,30 EUR) und das Passbild (was du als Fotograf natürlich selber machst).
Welche Vorteile hat die neue Mobilität für Fotografen?
Mobilität und Fotografie stehen in enger Wechselwirkung. Es sei denn du knipst zuhause nur Briefmarken. Ein Landschaftsfotograf hingegen muss reisen. Viel reisen. Mehrfach an Orte, bis die gewünschte Lichtstimmung »perfekt« ist. Oft liegt das Motiv nicht vor der Haustür. Man ist aufs Auto angewiesen. Spritverbrauch, Parkplatzsuche und die direkte Erreichbarkeit eines Fotospots werden zum Thema.
Mit einem A1-Motorrad wird vieles leichter: Darum heißen die Dinger auch Leichtkrafträder 😉 Vor allem im Vergleich zum Auto. Die Versicherung für 125ccm-Modelle kostet quasi nichts. Der Spritverbrauch liegt bei nur 2-3L auf 100km. Parken kann man überall. Dazu das freie Gefühl, die Agilität.
Es gibt eine breite Produktpalette möglicher Mopeds: Von der crossen KTM bis hin zum kultigen Roller. Mit einem 125er-Moped kann man problemlos auch größere Strecken fahren, z.B. auf Landstraßen oder der Autobahn.
Beispiel Harz
Fix auf die A36 donnern, mit entspannten 120km/h auf zwei Rädern: kein Problem! Abfahrt Wernigerode Zentrum. Man düst direkt zum Marktplatz und fotografiert das Rathaus. Danach zum Schloss rauf. Das Moped stellt man einfach neben der Pferdekutsche an der Schlosstraße ab. Weiter geht’s in den Oberharz: zum Sonnenuntergang auf den Brocken. Der Parkplatz am Ehrenfriedhof ist wie immer brechend voll. Mit dem Moped findet man trotzdem einen Platz. Der Sonnenuntergang war eine Enttäuschung? Macht nichts. Morgen neuer Versuch. Kostet ja »nichts«.
Mein Fazit zur neuen Führerscheinregelung
Die Anpassung der Führerscheinregelung war längst überfällig, auch wenn sie mit Auflagen umgesetzt wurde. Die neue Form der Mobilität dürfte besonders für Pendler interessant sein. Für mich als Fotograf aber auch!
Jahrelang bin ich 50ccm-Roller gefahren, aber aus dem Alter, wo man illegal ohne Drosselung unterwegs war, längst raus. Mit einer regulären Höchstgeschwindigkeit von 45km/h sind die 50ccm-Mopeds eine echte Zumutung. Man kann nicht mal in der Stadt im Verkehrsfluss mitschwimmen. An Überlandfahrten ist gar nicht zu denken. Es sei denn man ist lebensmüde.
Die 125er-Roller sind hingegen super. Es gibt tolle Modelle, in Perfektion z.B. den Honda Forza 125. Ideal. Ein riesiges Helmfach, wo alles reinpasst: Zelt, Schlafsack, die komplette Fotoausrüstung. Damit würde ich sogar in die Alpen fahren.
Die passende Literatur habe ich bereits besorgt 🙂
5 Kommentare
Hallo, ein schöner Artikel. Mein Handwerk hat zwar nur indirekt etwas mit Fotografie zu tun, als Dienstleister im Trockenbau und Innenausbau muss ich öfters zu Kunden um dort kleinere Aufträge auszuführen, sei es mal eben um eine Verkleidung nachzuschrauben oder ein Aufmaß für ein Angebot zu erstellen. Bisher musste ich das immer mit dem Auto machen, da mein Führerschein nur für ein 45 kmH langsames Moped reichte. Mir kommt diese Regelung daher sehr entgegen und ich werde für kleinere Arbeiten nun ein Firmen Motorrad einsetzen. Im Endeffekt bin ich damit flexibler und schneller als mit dem Auto, Ich denke viele Handwerker in den Städten werden das auch direkt nutzen.
Stimmt, für genau solche Wege ist eine 125er-Maschine ideal! Gerade in der Stadt, wo man Stau umfahren und damit wertvolle Arbeitszeit sparen kann. Wenn die Anschaffung des Motorrad dann sogar als Betriebsausgabe gerechnet wird, macht es um so mehr Sinn.
Ein Hoch aufs Handwerk, … und neue Führerscheinverordnung 🙂
Überlege auch schon, ob ich meinen 50ccm Roller nicht gegen was größeres eintausche.
Es ist echt nervig, mit 45km/h durch die Stadt zu tuckern. Hatte vor 25 Jahren schonmal einen 50ccm Roller, der kam ohne „Friseur“ auf 60km/h 😉
Von daher stimme ich Dir zu, die Entscheidung war schon längst überfällig.
Yeah – mein 110er roller schafft es mit 90 in gut 2 stunden in den harz! rucksack mit fotogedöns und eine kleinen drohne auf dem buckel – und ab dafür….
viele schöne spots sind gut erreichtbar – und die hemmungen sich einfach mal an die seite zu stellen wo man mit dem auto mecker kriegen würde sinken unter knapp 0 😉
was in der stadt das e-bike ist, beschert mir der kleine kraftroller auf größere distanzen. abgesehen von der leichtigkeit eines solchen gefährts beschert es einem zudem doch mit dem gefühl einer gewissen freiheit…
zumindest bis man mal 200 km im regen gen heimat fuhr. dann nämlich sucht man möglichkeiten wenigstens die teuren ausrüstungsteile trocken zu halten!
Plastiktüten gewinnen dabei einen ganz neuen stellenwert…;-)!
in einer stadt wie hamburg zb ist man in sachen fotospot aufsuchen echt sehr frei! niemals könnte man mit öffis oder gar einem auto so schnell so einfach diverse auch abgelegene Spot besuchen können. und die 3 stunden fahrt dorthinkann man auch als erlebnisreisen verbuchen. autobahnen sind dabei no-go! wer jemals mit 90 vor einem lkw fuhr und nurnoch in den spiegela gestarrt hat weiß was ich meine.
und spätesttens auf dem heimweg mutieren die entfernungen zu lichtjahren. da wünschte ich mir dann doch meine 900er mit dem man das ganze radikal verkürzen kann….
aber nee – es macht irren spaß! wer es sich einrichten kann hat ganz sicher schnell freude daran!
Hallo Heiko,
dein Kommentar weckt sofort die Vorfreude in mir. Ich habe im Februar mit der Fahrschule für den B196er-Schein begonnen. Leider kam dann der Lockdown und alle Fahrschulen wurden geschlossen.
Aber heute geht die Fahrschule wieder los und mit etwas glück bin ich in 2 Wochen auf meinem Roller unterwegs 🙂
Ähnlich wie bei dir ist auch mein Weg in den Harz ein kurzer. Die von dir beschriebene Situation auf der Autobahn werde ich hoffentlich nicht erleben. Mein Roller (Honda Forza 125) schafft um die 120km/h. Damit sollte ich den LKWs entkommen.
Und das Helmfach ist groß genug, dass die Kamerausrüstung nicht nass wird 🙂
Also … auf in die Freiheit, vielleicht sieht man sich irgendwann mal beim Fotografieren … oder auf dem Moped :-p