Im heutigen Blogbeitrag nehme ich dich mit auf den Brocken. Ich hoffe du bist warm angezogen. Wir starten in Schierke. Es wird eisig! Auf unserem Weg zum höchsten Gipfel Norddeutschlands werden wir die verschneite Winterlandschaft durchqueren und nebenbei mehrfach die Brockenbahn fotografieren. Kommst du mit?
Wir fahren nach Schierke
Im Auto läuft Radio Brocken. Witzig. Genau da fahren wir jetzt hin. Also in den Harz, nicht zur Radiostation. Der Weg führt über die A14. Blauer Himmel. Schneebedeckte Bäume. Kaiserwetter.
Doch je näher ich dem Harz komme, desto mehr macht sich Ernüchterung breit. Plötzlich war er verschwunden, der winterliche Zauber. Würden nicht -16° C auf der Temperaturanzeige stehen, könnte man glauben, es wäre bereits Frühling.
Doch natürlich habe ich vorab die Webcam in Schierke und am Brocken gecheckt. Hier liegt Schnee, keine Sorge. Bitte nicht wegklicken!
Parken in Schierke
Es ist Sonntag, 12 Uhr. Die Wanderung von Schierke zum Brocken ist (natürlich) kein Geheimtipp. Es ist die am meisten frequentierte Route zum höchsten Gipfel im Harz. Jedoch ist es Schierke gelungen, eine sehr gute Parkplatzinfrastruktur aufzubauen.
Zwar war der ursprünglich anvisierte Parkplatz an der Brockenstraße bereits belegt, doch am Parkplatz an der alten Bobbahn war noch ein Plätzchen frei. 4 € für 6 Stunden parken. Absolut fair. Sogar mit kontaktloser Bezahlung via Kreditkarte. Fortschrittlich!
Von Schierke übers Eckerloch zum Brocken wandern
Wir folgen der Brockenstraße, denn ihr Name ist Programm. Fairerweise begrüßt uns hier der ersehnte Schnee. Kurz vorm Haus der Nationalparkverwaltung beginnt der Zauber.
Doch der Brockenstraße weiter zu folgen wäre langweilig. Lass uns bitte den schnellsten, wenn auch steilsten Aufstieg übers Eckerloch nehmen. Wir sind spät dran. Auf dem Weg zum Gipfel wollen wir natürlich auch die Brockenbahn fotografieren.
Etwas traurig ist der Anblick der vielen toten Fichten im Nationalpark Harz. Die Brände im Sommer haben die Situation nochmal deutlich verschlimmert. Aber so kann man wenigstens die Brockenbahn in der Ferne besser erkennen 😉
Die Brockenbahn zwischen Schierke und Brocken fotografieren
Es ist das übliche Problem: Auf dem Fahrplan der Harzer Schmalspurbahnen stehen nur die Abfahrtzeiten in Schierke und die Ankunftszeit am Brocken. Wann genau die Brockenbahn an welchen Streckenabschnitten dazwischen vorbeikommt, lässt sich nur grob schätzen.
Demnach wird es heute keine hundertprozentig durchgeplante Tour, sondern eher wandern nach Gehör. Das Schnaufen der Brockenbahn ist schließlich schon aus vielen hundert Metern Entfernung zu hören.
Doch ganz ohne Planung geht es natürlich nicht, schließlich wollen wir die Bahn nicht verpassen. Viele Optionen haben wir leider nicht. Auf dem Weg übers Eckerloch kreuzt die Brockenbahn nur zwei Mal den Weg: An der Brücke am Eckerlochstieg (1) und am Rastplatz Brockenspitze (2). Das werden unsere Fotospots, gemeinsam mit zwei klassischen Motiven am Brockengipfel: Nahe der Teufelskanzel (3) und am Hirtenstieg (4).
Passend dazu fahren heute (18.12.2022) noch genau vier Züge, die wir auf unserer Brockenwanderung fotografieren können.
Abschnitt 1: Vom Parkplatz in Schierke zur Brücke am Eckerlochstieg
Da ich vorab nicht wusste, wie lange die Wanderung zu den einzelnen Zwischenstationen dauert, ziehe ich zur Sicherheit an allen anderen Wanderern mit doppelter Geschwindigkeit vorbei. Gutes Sportprogramm: Schwitzen und frieren.
Mit den Worten »Lasst mal den jungen Mann vorbei« werde ich höflich zum Überholen aufgefordert. Das ist der Vorteil wenn man allein unterwegs ist. Man muss sich nach niemanden richten, nur dem Lesefluss hier im Blogbeitrag. Läuft also 🙂
Und es ist wirklich eine wunderschöne Winterlandschaft. Man könnte alle paar Meter fotografieren, wenn man nicht zu faul wäre den Rucksack abzusetzen und die Kamera rauszuholen. Am Ende nimmt man; wie so oft; einfach das Smartphone.
Nach 44min und 3,5 km Strecke erreiche ich die Brücke am Eckerlochstieg.
Der Blick auf die Uhr sagt: Die Brockenbahn kommt frühestens in 30min. Das dauert mir zu lang. Ich beschließe, sie erst auf dem Rückweg zu fotografieren und laufe direkt zum 2. Fotospot weiter.
Abschnitt 2: Von der Brücke am Eckerlochstieg zum Rastplatz Brockenspitze
Es ist das steilste Teilstück zum Brocken. Für die 1,3 km zum Rastplatz Brockenspitze habe ich 20min gebraucht.
13:15 Uhr treffe ich auf die Brockenstraße. Das Andreaskreuz voraus. Und dann höre ich sie! Gleich kommt die Brockenbahn. Zur Sicherheit lege ich einen 200-m-Sprint ein, damit ich sie nicht verpasse.
Eine wunderschöne Fotoperspektive finde ich direkt an der Kreuzung zum Goetheweg. Hier schlängeln sich die Gleise wunderbar durch die noch existierenden Fichten. Ich schaue nach rechts. Der perfekte Spot. Dachte ich […]
Nach 10min kommen mir Zweifel. Ist das überhaupt die Richtung, aus der die Bahn kommt? Nö! Die Brockenbahn kommt von der anderen Seite. Unhörbar! Also ein paar Schritte zurück. Umdisponieren. Zu den anderen Fotografen stellen […]
Kurzerhand wechsle ich noch das Objektiv: vom 14-30mm zum 70-200mm. Das Tele hat den Vorteil, dass ich die anderen Fotografen im Bild loswerde. Gleichzeitig kann ich die Brockenbahn frontal, bildfüllend fotografieren, ohne mich in Lebensgefahr zu bringen, während ich mitten auf den Gleisen stehe.
Doch mit einer Sache habe ich nicht gerechnet. Die Wanderer am Goetheweg! Sie fotografieren die vorbeifahrende Brockenbahn mit ihren Smartphones und versauen mir die Komposition. Echte Spielverderber, auf dem Weg zum perfekten Foto.
Ein schwacher Start, der mir aber nicht die Laune vermiesen kann. Schließlich kommen heute noch drei weitere Bahnen.
Zur Not erfinde ich eine Ausrede und beschneide das Foto ins Hochformat. Mit den 42 Megapixeln der Nikon z7ii ist das kein Problem. Am Ende kann ich noch argumentieren, dass das Hochformat sowieso die erste Wahl war, um den Rauch der Brockenbahn zu betonen. Schließlich muss das Foto zeitgemäß für die Ausrichtung von Smartphones auf Instagram präsentiert werden. Etwa so:
Die Realität war natürlich eine andere.
Kurz noch umgedreht, um die eingangs präsentierte These zu bestätigen, dass ich als “Profi” zunächst auf der falschen Seite gewartet habe:
So, genug gelacht. Wir gehen weiter.
In 30min kommt die nächste Bahn. Wie geplant, möchte ich die schwarze Dame mit Zug-Nr. 8927 am Brockengipfel fotografieren.
Abschnitt 3: Vom Rastplatz Brockenspitze zum Brockengipfel
Der Weg nach oben ist easy. Es ist nur ein kleiner Kilometer. Nach 15min erreiche ich den Gipfel. Eine vorzeitig gezündete Silvesterrakete verfehlt nur knapp den Sendemast :-p
Ein kurzer Besuch am Brockenplateau macht eins sofort klar: ich muss hier schnell wieder weg. Es wimmelt von Menschen. Nichtmal die klirrende Kälte verscheucht sie.
Statt mich hier fotografieren zu lassen, folge ich lieber dem Brockenrundweg. Es ist wirklich eine bezaubernde Winterlandschaft.
Doch die Sonne trügt. Der Wind pfeift extrem. Meine Lippen gefrieren. Es wird immer kälter. Auf Instagram lese ich, dass heute -23° C im Tal gemessen wurden.
Hier oben auf dem Brocken sind es gefühlte -30° C. Und der Blick auf die Uhr sagt mir: Leider muss ich noch 20 min an Ort und Stelle stehen, bis die Brockenbahn einfährt.
Ich schaue mich um. In 50 m Entfernung bemerke ich einen weiteren Fotografen, der bereits am Rastplatz Brockenspitze neben mir stand. Er schien sichtbar zu frieren. Aus Mitleid gehe ich zu ihm, eigentlich nur um ihm zu sagen, dass die Brockenbahn in wenigen Minuten ankommen wird.
Doch er begrüßt mich mit den Worten »Es ist verdammt kalt! Und laut meinem Plan kommt hier zu dieser Zeit sowieso keine Brockenbahn vorbei.« Mit ein wenig schmunzeln sage ich: »Aber ich höre sie doch« und füge hinzu : »und da kommt sie um die Ecke!«
Während mein Smartphone auf dem Stativ das Video aufnimmt, fotografiere ich mit der Kamera. Multiharzing 2.0
Um die Gipfelfotografie abzuschließen, fehlt jetzt noch das Foto auf der gegenüberliegenden Seite. Ich mache mich auf den Weg zum Hirtenstieg.
Hatte ich schon erwähnt, dass es unfassbar kalt ist? Ja, hatte ich. Und auch der andere Fotograf hat es getan. Er hat aufgegeben! Seine letzten Worte waren: »Ich kann nicht mehr. Ich werde jetzt einfach in die Brockenbahn steigen und zurück nach Schierke fahren«.
Doch aufgeben kommt für mich nicht in Frage! Um meine gefrorene, mittlerweile eingerissene Oberlippe zu versorgen, flüchte ich kurz in die Wärme des Restaurants vom Brockenwirt. Doch alle Plätze sind belegt. Kurz darauf stehe ich erneut in der Kälte. Der Blick auf die Uhr verrät mir; es dauert noch mindestens 45 min, bis die nächste Brockenbahn ankommt. Aufgeben wird jetzt doch zur Option […]
Oder nennen wir es Planänderung! Schließlich hat sich die Sonne mittlerweile hinter dicken Wolken verabschiedet. Und in 90 min beginnt das Finale der Fußball-WM zwischen Argentinien und Frankreich. Das alles interessiert mich nicht die Bohne. Wäre aber eine gute Ausrede, nicht wahr?
15 Uhr gebe ich auf und trete den Rückweg an.
Es bleibt mir schließlich noch die Brücke am Eckerlochstieg. Wenn ich mich beeile, schaffe ich die ursprünglich für den Hirtenstieg geplante Bahn an dieser Stelle. Abfahrt 15:39 Uhr in Schierke. Knapp 3 km Wanderung liegen vor mir. Das ist machbar.
Bereits nach wenigen Minuten kommt die »Wärme« zurück. Der eisige Wind, der am Gipfel herrschte, ist nicht mehr zu spüren. Ich halte an und genieße den Blick in die Ferne, auf den neu errichteten Turm vom Wurmberg, dem zweihöchsten Gipfel im Harz.
Dann erreiche ich den Rastplatz Brockenspitze. Etwas wehleidig denke ich an das verpatzte erste Brockenbahn-Foto zurück. Da ich (scheinbar) noch genug Zeit habe, gönne ich mir einen kleinen Umweg und laufe den Goetheweg entlang. Zwar die völlig falsche Richtung, aber wie schön ist hier bitte die Winterlandschaft?
Und sollte ich nicht einfach 30 min hier verweilen und auf die Brockenbahn warten? Ja, sollte ich. Hab ich mir aber als Mission für die nächste Brockenwanderung aufgespart. Wäre ja langweilig, wenn man alle fotografischen Ziele sofort erreicht.
Also umdrehen und dem verliebten Pärchen folgen, dem ich erst vor einer Minute entgegen gekommen bin, um sie jetzt wieder zu überholen.
15:20 Uhr. Ei ei ei. So viel Zeit wie ich dachte, dass ich sie habe, ist gar nicht mehr übrig. Es liegt noch reichlich Strecke vor mir. Noch dazu ist es eine rutschige Angelegenheit, in der schneebedeckten Felsigkeit vom Eckerloch. Erneut der steile Weg, diesmal bergab!
Nach 3x hinfallen (1x mit der Kamera in der Hand, versteht sich), erreiche ich nach 20 min die Schutzhütte am Eckerloch. Übrigens die Nr. 11 der Stempelstelle der Harzer Wandernadel.
Von hier aus sind es nur wenige Meter auf dem Eckerlochstieg bis zur Brücke, über die die Brockenbahn fährt. Perfektes Timing. Nach nur wenigen Minuten kommt die Brockenbahn (um 15:49 Uhr) angefahren.
Auf Höhe der Brücke drücke in den Auslöser, als letzte Station meiner Brockenreise.
Dann trete ich den Rückweg zum Parkplatz in Schierke an und lausche dem WM-Finale im Radio.
Fazit
Eine Winterwanderung zum Brocken ist immer ein schönes Erlebnis. Fortsetzung folgt! Ich danke dir, dass du durchgehalten hast und bis zum Schluss mitgelesen hast.
Hier noch ein Tipp für deine nächste Brocken-Tour, falls du sie als Fotograf mit Brockenbahn-Ambitionen verfolgst: Der Weg von Schierke ist zwar kurz (ca. 6km, ich habe 01:20h bis zum Gipfel gebraucht), aber auch anstrengend (>500 Höhenmeter). Die leichtere Tour führt vom Ehrenfriedhof beim Torfhaus über den Goetheweg zum Brocken (ca. 7 km, 01:45 h, dafür nur ca. 200 Höhenmeter). Wenn man hauptsächlich die Brockenbahn fotografieren möchte, ist die Wanderung von hier die bessere Option. Ab dem Goethebahnhof folgt man 2 km konstant den Gleisen, mit vielen wunderschönen Brockenbahn-Motiven entlang des Goethewegs, bis zum besagten Rastplatz Brockenspitze, wo sich der Weg nach Schierke kreuzt.
So oder so wünsche ich dir viel Spaß bei deiner Brockenwanderung 🙂
Für Fragen oder Anmerkungen kannst du gern die Kommentarfunktion verwenden.
10 Kommentare
Hallo Thomas, danke dass du als mein Lieblingsblogger auch 2023 aktiv bist und du dir scheinbar als Challenge fürs Neue Jahr vorgenommen hast, deine Aufschlagfrequenz zu erhöhen. Hab letztes Jahr auch nach längeren Jahren mal wieder den Harz auf ähnlichen Wegen wie du inkl. Brockenbahn besucht (Vater-Sohn-WE). War doch leider etwas deprimierend zu sehen, wie sich der mir abgespeicherte Harz mit dunklem Wald und Rotkäppchen-Romantik in eine lichte Baumleichenlandschaft verwandelt hat. Ist ja noch nicht überall so und vielleicht wird´s ja auch wieder was … Wollen mal die Hoffnung hoch halten!
Beste Grüße! Karsten
Hi Karsten,
ein paar Jährchen müssen wir die Depression noch im Zaum halten. Wenn dein Sohn in unserem Alter ist, wird der Harz wieder in alter „Grüne“ erstrahlen. Schon jetzt ist der (positive) Wandel an vielen Stellen sichtbar. Am Ende gewinnt immer die Natur 🙂
Und was ist die Komplementärfarbe von Grün? Rot! Genau die Farbe hat mein Gesicht: #lieblingsblogger 🙂
Hallo Thomas,
wie gut dass nicht immer alles glatt geht, denn sonst wäre dein Blog nur halb so unterhaltsam! Es kommt beim fotografieren halt immer was dazwischen – und wenn es fremde Handys sind.
Habe mit viel Vergnügen gelesen!! Danke!
Ich auch: #lieblingsblogger !!!!
Danke Udo!
… die besten Geschichten schreibt bekanntlich das (Fotografen)Leben 🙂
Eine schöne Wanderung, danke fürs Mitnehmen.
Wunderbarer Bericht. Da hast du gleich eine Menge erlebt. Die Temperaturen – ich kann mit dir fühlen. Aber letztendlich hast du auch ein paar tolle Motive mitgebracht. Ich muss auch mal wieder los. Vielleicht schneit es in nächster Zeit nochmal.
Hi Oliver,
bei der Wanderung habe ich an dich gedacht: „Schwitzen und frieren“, dass war doch auch dein Fazit nach deiner Brockenwinterwanderung 🙂
Jedes Mal, wenn ich deinen Blog lese, denke ich mir, dass ich unbedingt wieder einmal in den Harz muss. So auch bei diesem Blogpost. Ich sehe, dass der Brocken auch im Winter ein schönes Ziel ist!
Viele Grüße!
Futzipelz
Vergiss aber nicht deinen warmen Futzipelz zu tragen, es könnte sonst schnell frisch werden 😉
Auf jeden Fall 🙂