»Des konn dauern«, ruft mir der Schäfer entgegen. Es ist kurz nach fünf am Morgen und ich bin auf dem Weg zur Plimaschlucht im Martelltal. Eine gewaltige Schafsherde blockiert die Straße vor mir. Ich seufze, aber es nützt ja nichts. Ich lehne mich zurück und folge den wolligen Tierchen im Auto: eine ganze Stunde, in Schrittgeschwindigkeit.
Die Kamera liegt neben mir: Ich bin zum Fotografieren hier. Der Plima-Schluchtenweg ist (noch) ein Geheimtipp. Er liegt am Fuße des Monte Cevedale (3.769 m) im Südtiroler Vinschgau und wurde erst vor wenigen Wochen (am 18.06.2017) eröffnet. Vier sogenannte Erlebnispunkte liegen auf dem inszenierten Wanderweg. Sie sind fotografisch sehr interessant. Doch wie kommt man hin?
Anreise zum Plima-Schluchtenweg
Aus Richtung Meran verlässt man die SS38 kurz nach Latsch in Goldrain. Ab hier geht es weiter in Richtung Martell. Der Hauptstraße (via Plima) folgend, fährt man bei bis zu 14 % Steigung rund 20 km geraderaus […] und trifft möglicherweise auf Schafe 😉
Kurz nach dem Zufritt-Stausee endet die Straße. In 2.065 m Höhe gibt es hier einen großen Parkplatz (4,50 EUR Gebühr pro Tag). Dort beginnt die Wanderung, bzw. der Spaziergang. Der Plima-Schluchtenweg ist mit einer Länge von 6 km und 340 Höhenmetern keine Herausforderung. Die Tour ist für Familien mit Kindern gut geeignet (leider nicht mit Kinderwagen).
Die fotografischen Highlights des Plima-Schluchtenwegs
Entlang des Weges wurden vier Aussichtspunkte installiert, um die Plima-Schlucht erlebbar zu machen. Ein interessantes Video zum Bau des Plima-Schluchtenwegs mit dem Helikopter gibt es auf YouTube.
Die Kelle in der Klamm
Bereits nach 10 Minuten erreicht man die Kelle, den ersten Erlebnispunkt. Und genauso sieht sie aus. Man hängt direkt über der Plimaschlucht, wie in einer Suppenkelle.
Leider hatte ich mein großes Stativ vergessen und musste mit dem kleinen Manfrotto Pixi-Stativ improvisieren (Affiliate-Link). Um die Schlucht aufs Bild zu bekommen, habe ich die Kamera direkt an der Kante zur Plimaschlucht platzieren. Und dann gebetet, dass das Stativ nicht unter der Last meiner Vollformat-Kamera in die Tiefe stürzt.
Die Panoramasichel
Der zweite Erlebnispunkt ist die Panoramasichel. Sie verläuft direkt über der Felskante und man hat einen tollen Blick in die Plimaschlucht. Fotografisch ist sie aber weniger spektakulär, weil man die Sichel und die Schlucht nur schwer gleichzeitig aufs Bild bekommt. Mit einem Teleobjektiv kann man sie aber von der gegenüberliegenden Seite der Schlucht fotografieren (wenn man eins hat).
Die Aussichtskanzel
Der dritte Erlebnispunkt erinnert ein wenig an die Kelle, nur invertiert. Diesmal geht man nach oben und blickt in die Plimaschlucht. An dieser Stelle wäre ein Luftaufnahme mit einer Drohne optimal gewesen. Wieso habe ich eigentlich keine?
Die Hängebrücke
Die Hängebrücke war das Erste, was mir auf den Flyern zum Plima-Schluchtenweg ins Auge gesprungen ist. »Da muss ich hin«, dachte ich mir. Von der Seite kann man sie gut fotografieren.
Der Blick von der Brücke in die Plimaschlucht ist sehenswert. Allerdings sind die Maschen der Brücke sehr eng. Bei großen Objektiven hat man eventuell eine Metallumrahmung im Bild. Mit dem Smartphone oder der Sony RX100 ist das Fotografieren durch die Maschen aber kein Problem.
Tipps zur Wegfindung
Die Beschilderung ist verwirrend. Nachdem man den ersten Erlebnispunkt (die Kelle) erreicht hat, folgt man instinktiv dem Wanderweg. Die Karte sagt, dass man nach ca. 5 Minuten die Panoramasichel erreicht. Kurz darauf zeigt das Schild aber lediglich zur Ausstellung (Julius v. Payer-Stadel). Man kommt zu einer kleinen Holzhütte auf einer Wiese. Doch wie geht es weiter? Ich folge dem Weg und irre eine Stunde umher. Dann drehe ich um und gehe zurück.
Und dann drehe ich erneut um und versuche mich mit dem Handy zu orientieren. Am Ende folge ich meinen Ohren und dem Tosen der Plima. Ich erreiche die Zufallhütte und sehe die Hängebrücke. Jetzt laufe ich den Weg quasi rückwärts ab.
Das war ein Fehler. Wenn Du den ersten Aussichtspunkt (die Kelle) erreicht hast, musst Du etwa 100 Meter zurückgehen und dann nach rechts abbiegen. So kommst Du nach 5 Minuten zur Panoramasichel und folgst dem Weg zur Aussichtskanzel und zur Hängebrücke.
Fazit
Der Plima-Schluchtenweg ist eine lohnenswerte Tour. Wenn du in Ruhe fotografieren möchtest, dann komme montags. An diesem Tag hat die Zufallfhütte und die Lyfi Alm geschlossen. Ich war drei Stunden unterwegs und habe keine Menschen gesehen.
Mit etwas Glück (oder genauer Wetterplanung) hast Du am Morgen Nebel oder zumindest tiefliegende Wolken. Falls Du eine Drohne hast: unbedingt mitnehmen! So kannst Du die vier Erlebnispunkte aus der Vogelperspektive aufnehmen. Die Höhe zur Plimaschlucht lässt sich so besser zeigen, als es mir gelungen ist.
Ich wünsche Dir viel Spaß beim Wandern und Fotografieren.
Kommentar
Hallo Thomas
Ich war zur ungefähr gleichen Zeit in der Plima-Schlucht. Leider hat es gerade, als wir dort ankamen mit dem Regnen begonnen. Ich konnte deshalb keine Fotos mehr machen, da bald ein Sturm aufzog. Ich dachte mir damals das ich jetzt nicht etwas extrem großes verpasst habe, doch wenn ich jetzt hier deine Bilder sehe, bereue ich es nicht noch mal dorthin gegangen zu sein.
LG Florian